Der 4. Dezember 2020 wird in die Geschichte der Berliner U-Bahn eingehen. Nicht nur wird endlich der Lückenschluss der U5 und U55 und damit zwei (später drei) neue Bahnhöfe eröffnet, zeitgleich verliert das Netz auch einen Bahnhof.
Endlich wird die U5 von Alexanderplatz bis zum Hauptbahnhof verlängert und fährt weiter über Rotes Rathaus, Museumsinsel (wird im Sommer 2021 eröffnet), Unter den Linden sowie über die Bahnhöfe der ehemaligen U55 Brandenburger Tor, Bundestag bis Hauptbahnhof. Der Bahnhof Unter den Linden wird zum neuen Kreuzungsbahnhof zwischen der U5 und U6 und befindet sich gerade mal 200 Meter entfernt vom Bahnhof Französische Straße. Dieser wird daher auf ewig geschlossen und vom Netz genommen.
1923 eröffnet, gehört der Bahnhof zu den ersten Großprofilbahnhöfen Berlins. Er erscheint im relativ schlichten Stil von Alfred Grenander, welcher sich über diverse weitere Bahnhöfe entlang der U6 und auch der U2 wiederfindet und wurde als Unterpflasterbahnhof direkt unter der Friedrichstraße gebaut. In den 1990ern wurde der Bahnsteig um 80 Meter verlängert. Besonders sind die zwei hinterinanderliegenden Treppengänge an den jeweiligen Bahnsteigenden, die auf einen Mittelstreifen auf der Friedrichstraße leiten. Das Schicksal, das dem Bahnhof nun bevorsteht, hat er durchaus schon mal erlebt. Da sich der Bahnhof in Ost-Berlin befand, beide Enden der heutigen U6 aber in West-Berlin, fuhren die Züge auch diesen Bahnhof während der Teilung ohne Halt durch. Französische Straße war einer der vielen Geisterbahnhöfe bis 1990.
Nun steht aber die Schließung auf ewig bevor. Bereits vor einigen Monaten wurde der Bahnhofskiosk und der südlichste Ausgang wegen des schlechten Zustands geschlossen. Ende Oktober wurde der neue Bahnhof Unter den Linden mit Signalen versehen und in die Stellwerkstechnik eingebaut. Dabei wurden die Ausfahrsignale des Bahnhofs Französische Straße entfernt, sodass streng genommen die noch dort haltenden Züge quasi auf freier Strecke halten. Gut zu beobachten ist daher, dass sich jetzt ein Vorsignal mitten im Bahnhof befindet.
Ab dem 4. Dezember 2020 um ca. 12 Uhr hält der letzte Zug planmäßig in Französische Straße, wonach fortan in Unter den Linden gehalten wird. Dann wird der Bahnhof Französische Straße offiziell zum Tunnelbauwerk, ohne Zugang für die Öffentlichkeit. Nachnutzungspläne wurden viele entwickelt, aktuell gibt es aber keine Bestrebungen, diese umzusetzen, nicht zuletzt wegen fehlender barrierefreier Zugänge und Belüftungsanlagen, die für solche Vorhaben nötig wären. Den „Grenander-Bogen“, also das Bahnhofsschild über den Eingängen, behält der Bahnhof aber und wird somit zumindest an der Oberfläche daran erinnern, dass an dieser Stelle beinah 100 Jahre lang ein Bahnhof war – wenn auch mit Unterbrechungen.
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